CO2 – Null gewinnt



CO2 – Null gewinnt



Es ist in uns, um uns und verbindet fast alle Dinge. Nein, heute reden wir nicht von Wasser oder Licht, sondern von einer modernen Plage namens Kohlenstoffdioxid. Teil jenes natürlichen, planetaren Kreislaufs, den der Mensch aus dem Gleichgewicht gebracht hat. Aber ein CO2-freies Leben? Das ist weder möglich noch erforderlich. Unbedingt nötig aber ist es, nur so viel auszustoßen, wie man auch wieder binden kann. Ein globales Spiel, bei dem unsere Gewinnchancen direkt vor der Haustür am größten sind.

Was klingt besser? „Die große Aufgabe“ oder „der kleine Wettbewerb“? Blöde Frage! Denn natürlich hat ein Spielchen immer den Charme des Gewinnens. Ein Auftrag dagegen kommt meist mit dem Schatten des Scheiterns um die Ecke. Deshalb probieren immer mehr Betriebe und Institutionen, die unglaubliche Herausforderung der CO2-Reduktion als flottes Tänzchen auf dem eigenen Parkett zu begreifen. Weil man mit schicken, kleinen Schritten viel erreichen kann.

Aus Ernst mach Spiel

Das schöne am Spiel ist nämlich seine Flexibilität. Es macht selbst dann noch Spaß, wenn wir die Regeln komplett umdrehen – solange alles in sich konsistent bleibt. Beim Skat zum Beispiel gibt es eine Variante namens „Null“. Da hat man mit den schlechtesten Karten die besten Gewinnchancen; nicht das Meiste zählt, sondern das Wenigste. Und wer so wenig hat, dass es nun wirklich nichts zu verbergen gibt, kann gleich „Null Ouvert“ spielen, umgekehrt und unverdeckt. Volle Transparenz für minimale Werte. Ein perfektes Spiel für den CO2-Ausstoß.

Gewinnen ist eine Frage der Regeln

Dieses Spiel funktioniert bereits. Und zwar dort, wo sich Konsum an ideelle Werte bindet. Dort, wo Menschen offen zeigen, was sie an CO2 gerade nicht ausstoßen. Dort, wo diese Vorreiter dann andere auffordern, sich an ihnen zu messen. Dort, wo nachhaltiges Gedankengut zur Handelskultur avanciert. Mit dem Diskurs um Treibhausgas und Klimawandel wird auch diese vermeintliche Subkultur immer lauter – immer schneller zum Mainstream. Firmen werben damit. Ganze Branchen gründen sich neu. Sparsamer ist attraktiver. Und der Sinn macht Schule.

Spiel mir das Lied vom Tod der Verschwendung

Keine Frage: Das momentan viel weiter verbreitete Spiel um den schnellsten, höchsten Gewinn ist attraktiver – noch. Aber die gesellschaftlichen Umstände können sich schnell ändern. Denn es ist davon auszugehen, dass sich die meisten klassischen Unternehmen (und auch die meisten klassischen Konsumenten) in einer Kohlenstoffblase befinden. Eine Blase, die bald platzen kann. Dann ist das, was heute einfach, billig und profitabel erscheint, bald kompliziert, teuer und ruinös. Dann sind jene im Vorteil, die heute draufzahlen, beziehungsweise auf das große Geld oder die bequemste Art zu leben verzichten.

Es handele, wer denken kann!

Dem zugrunde liegt die Annahme, dass wir gern überleben wollen, wir Menschen. Und dass wir uns dieses Überleben möglichst angenehm gestalten möchten. Hierfür muss die Erderwärmung allerdings auf 1,5 Grad begrenzt werden, da die Effekte sonst nicht mehr kontrollierbar sind. Und da dies wiederum eine deutliche Senkung unserer Emissionen bis 2030 sowie eine CO2-Nullsumme bis 2050 erfordert, wird es bald drastische Maßnahmen geben müssen. Sowohl politisch als auch wirtschaftlich. Das kann sehr plötzlich kommen. Denn der Klimawandel läuft. Momentan noch ungebremst.

Am Abgrund ist der Ausblick gut

Bevor wir uns ins Emissions-Sparspiel stürzen, Vorbilder bestaunen und ihnen nacheifern, lohnt es sich, einen genaueren Blick auf den Angeklagten zu werfen: das Kohlenstoffdioxid. Sein Anteil ist heute also fast doppelt so hoch wie im vorindustriellen Zeitalter. So viele Moleküle davon schwirrten seit 15 Millionen Jahren nicht mehr durch unsere Atmosphäre. Klingt furchtbar, heißt aber auch auch: Es gab schon einmal mehr davon. Und die Erde hat das überlebt. Also kann es auch wieder weniger werden. Theoretisch. Allerdings stehen uns dafür jetzt keine Abermillionen, sondern nur sehr wenige Jahre zur Verfügung.

CO2 – das unsichtbare Böse?

Nein, CO2 ist kein Dämon, sondern ein Molekül des Lebens – Bestandteil riesiger Kreisläufe auf unserem Planeten. Pflanzen brauchen das Gas, um daraus neue Biomasse zu generieren, die uns wiederum als Nahrungsgrundlage dient. Mehr noch: Ohne Kohlendioxid hätte sich auf der Erde kaum Leben entwickeln können, schon gar nicht in seiner heutigen Form. Es war quasi die Grundlage der ersten Bakterien, die dann Sauerstoff produzierten. Gemeinsam bilden die beiden Gase (O2 und CO2) heute ein dynamisches Gleichgewicht – auch in Bezug auf unser Klima.

Ohne Kohlendioxid gibt es auch keine Blühwiese. Es geht um das Zuviel.

Ein Geist mit zwei Gesichtern

Wie bei allem gilt also auch für Kohlendioxid: Die Menge macht das Gift. Das Molekül kann Wunder wirken, macht technische Errungenschaften wie den Gaslaser oder den Feuerlöscher möglich und regt als Bestandteil von Mineralwasser unsere Geschmackszellen an. Ja, CO2 kann nicht nur aufheizen und töten, sondern auch stabilisieren, retten und erfrischen. Nur müssen wir es dafür in der Waage halten. Das ist möglich – und ein Wetteifern um den schnellsten Weg zur Nullbilanz allemal wert.

Let the games begin!

Das große kleine Spiel um den Sieg als klimaneutralste Firma/Familie/Institution/Stadt/Region/Gesellschaft/Union ist eines, bei dem alle gewinnen. Ein Wettlauf mit ganz breitem Siegertreppchen. Und das Engagement im eigenen Mikrokosmos wirkt wie ein wachsender Attraktor. Je größer die Spielgemeinschaft, desto weiter die Signalwirkung. Die EU hat diesen Leuchtturmeffekt mit der DSGVO vorgemacht. Das Interesse an mehr Datenschutz wächst seitdem weltweit. Und in puncto Klimaschutz bemühen sich viele Städte um eine Vorreiterrolle – darunter auch Berlin. Die Spiele – sie haben längst begonnen.

 

Anbau von Grünsaat zur CO2-Bindung ist gleichzeitig Humusaufbau.

Vermeiden, vermindern, kompensieren

Kohlendioxid zu vermeiden ist unsere wohl wichtigste Aufgabe. Neben allen Möglichkeiten, die es dafür gibt, darf man aber nicht vergessen, dass Treibhausgase immer und überall anfallen – so sehr wir uns auch Mühe geben. Elektromobilität, Solarzellenproduktion, Wartung von Windanlagen, Landwirtschaft, Handel, Freizeit – es gibt kein CO2-freies Leben. Wenn wir das wollten, müssten wir uns alle suizidieren. Und das ist keine attraktive Perspektive. Was zählt, ist deshalb die Nettobilanz. Denn Ausstoß ist nichts Schlimmes – solange das Gas wieder aufgenommen wird.

Der Natur unter die Arme greifen

Was nach allen Sparmaßnahmen übrig bleibt, kann man etwa durch Wiederaufforstungs-Projekte kompensieren. Auch der Schutz und die Renaturierung von Mooren bietet eine sehr effektive Möglichkeit, große Mengen CO2 zu binden. Ein anderer Weg ist die Unterstützung ökologischer Landwirtschaftsprojekte, die für den Aufbau von Humusschichten sorgen. Statt immer mehr Flächen zu versiegeln, müssen wir sie wieder zum Atmen bringen. Jedes Bisschen Naturschutz ist genauso wichtig wie der Verzicht auf fossile Brennstoffe bei Mobilität, Strom- und Wärmenutzung.

Wiederaufforstung ist ein sinnvoller Weg, CO2 zu binden.

Kurze Wege, weite Wirkung

Wenn es ums Einsparen geht, steht nicht umsonst die berühmte Regionalität weit oben auf der Erfolgsliste. Je näher sich Quelle und Verbraucher, Produktion und Konsument sind, desto weniger CO2 geht beim Transport in unsere Atmosphäre. Das ökologische Zusammenrücken von Stadt und Umgebung, macht uns im großen Null-Ouvert-Spiel frei von vielen klimafeindlichen Stichen. Und das, was es zu transportieren gibt, lässt sich auf unkonventionellen noch Wegen am weitesten voranbringen, beispielsweise mit Lastenrädern, die man sich in Berlin sogar leihen kann.

Umdenken und umstellen

Ökostrom zu nutzen, sollte für uns eine Selbstverständlichkeit sein. Aber auch hier ist lokale Produktion besser als weiter Transport. Sprich: Jede Solarzelle, jedes Windrad, jede Wasserkraftanlage hilft,  den eigenen Fußabdruck zu verkleinern. Zudem kann man die für Wasser und Heizung benötigte Wärme mit Kollektoren von der Sonne abgreifen, im Boden speichern und das ganze System sogar als Kühlkreislauf für heiße Sommertage nutzen. Solche Geo-Hybrid-Anlagen sind neben energieeffizienter Bauweise und Wärmerückgewinnung einer der innovativsten Klimaretter.

Jedes Windrad und jede Solarzelle reduziert den CO2-Fußabdruck.

Öko-Innovation als Geschäftsgrundlage

Im gegenseitigen Austausch passen wir unser Leben, Arbeiten, Wohnen und Wirken den ökologischen Zielen an. Sogar Techno-Clubs bemühen sich mittlerweile um grünere Tanznächte. Manche Unternehmen aber gründen ihr ganzes Geschäft auf Nachhaltigkeit und helfen uns so, die großen Ambitionen schneller zu erreichen. Berlin beherbergt bekanntlich viele innovative Start-ups. Nicht immer sind sie so gut für die Menschheit, wie es durch die Metropole posaunt. Aber manche Ideen versprechen große Lichtblicke für das Klima. Dabei zum Beispiel junge Pioniere, die Straßen mit Solarzellen pflastern wollen oder Hersteller kleiner, modularer Windenergieanlagen, welche so ziemlich überall installiert, kombiniert und skaliert werden können.

Vorbild sein und Vorreiter fördern

Das CO2-Nullsummenspiel in unserer Nachbarschaft ist voll im Gange und zieht weltweite Blicke auf sich. Viele schicken sich an, das zu fördern. Und auch viele ökologisch getriebene Unternehmen, greifen in puncto Engagement über den Tellerrand ihrer eigenen, nachhaltigen Produktion hinaus. Dieses Blog zum Beispiel ist ein Ansatz, weiter zu denken und anders zu handeln. Aber auch uns ist klar, dass das nicht reicht. Deshalb wollen wir jene, die im Wettlauf ums lebensfreundliche Klima alles geben, honorieren und fördern – mit einem Nachhaltigkeitspreis.

Ein Spiel mit Nachhall

Die Rheinsberger PreussenQuelle bringt ihr eigenes Null-Ouvert-Spiel für mehr Nachhaltigkeit und damit auch für ein CO2-neutrales Leben an den Start. 2020 werden mehrere Preise an vorbildliche Projekte verliehen. Die Aktion heißt Nachhall und ist – wie der Name schon sagt – keine Eintagsfliege. Auch wir wollen dabei von den Teilnehmenden lernen, uns selbst herausfordern lassen und immer neue, immer bessere Runden eröffnen im Wettlauf zum gemeinsamen Klimaziel.

Denn das mit dem Kohlendioxid ist eine Sache, die wir nur dann schaffen können, wenn wir die eigene Nullemission zur grünen Null für alle machen. Die Zeit ist knapp. Das wird ein Sprint. Also los!

 

Fotos:
Frank Stieldorf / rheinsberger preussenquelle
Rosel Eckstein / pixelio.de
Rainer Sturm / pixelio.de



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